"Denn viele Leute können sich nicht vorstellen
Und wissen nicht was es heißt,
Wenn dein Sohn neben dir im Bett liegt
Und dir sagt er wär' gerne weiß."
Und wissen nicht was es heißt,
Wenn dein Sohn neben dir im Bett liegt
Und dir sagt er wär' gerne weiß."
- aus "Superheld" von Samy Deluxe
Neulich laß ich mir den Blogartikel von Rebecca von Elfenkind
durch. Ein ganz persönlicher, intimer Text über den Rassismus, den sie
und ihre Familie im Alltag erleben. Warum? Weil sie dunkler sind als wir
vermeintlichen Otto-Normalverbraucher. Und weil die Menschen engstirnig
sind. Vielleicht aber auch einfach nur dumm. Ich weiß es nicht.
Als
eine Frau mit heller Haut und straßenköterblonden, glatten Haaren habe
ich all diese Erfahrungen zum Glück nicht in meiner Kindheit oder Jugend
erleben müssen. Rassismus war lange ein Begriff, der bekannt, aber in
meinem Umfeld nicht sichtbar war. Vielleicht weil ich naiv war,
vielleicht weil die meisten Freundschaften dann doch auf Personen ohne
blinkendes Blaulicht für rassistische Anfeindungen auf dem Kopf
beruhten. Ich war mit dem Thema einfach nicht konfrontiert.
Durch
das Kennenlernen meines Freundes mit dunkler Haut änderte sich dies.
Plötzlich war da der Schwarze, der Afrikaner. Also der Freund, der
aufgrund seiner Hautfarbe und seiner Herkunft nur darauf reduziert
werden konnte. Auch von vermeintlichen Freunden wurden teilweise
verletztende "nur aus Spaß" gesagte Phrasen hineingeworfen. Aber hey,
ist schon okay - ich war jetzt also die, die sich auf Polygamie und AIDS
einlassen würde.
Mein
Freund war rassistische Äußerungen bereits aus seiner Heimat bekannt.
Offiziell mag die Apartheit in Südafrika überwunden, die Trennung
besteht aber vielerorts immer noch. So durften wir bereits die einen
oder anderen schäbigen Blicke oder Sprüche über uns ergehen lassen, wenn
ich ihn in Südafrika besuchte. Weil ich hell und er dunkel war. Wegen
einer Farbe.
Nun
lebt mein Freund hier in Deutschland und darf sich auch hier teilweise
schlimme Sprüche anhören. Er ist noch immer der Schwarze. Der Afrikaner.
Manchmal auch der Neger. Der nichts versteht. Der nichts kann. Und kann
er doch, ist man erstaunt. Er ist schließlich Afrikaner.
Wenn
er mir nach der Arbeit von schlimmen Kunden erzählt, kann ich es
manchmal nicht glauben, wie sie sich teilweise äußern. Ich schäme mich
für die mir unbekannten Personen. Wie sie sich manchmal zieren, von ihm
bedient zu werden. Er könne das ja eh nicht. Wenn er mir am Abend solche
Geschichten erzählt, wird mir schlecht, ich werde sauer und rege mich
auf. Er bleibt ruhiger - sie seien nur dumm für ihn und manchmal lacht
er über sie. Manchmal weist er sie in ihre Schranken. Manchmal klärt er
sie über gewisse Ding auf und scheint sogar auf Verständnis zu stoßen.
Ich bin froh, dass er was sagt - und auch hier würde ich mir gerne manchmal eine Scheibe abschneiden. Vielleicht lässt die Angst vor dem Fremden einige gar nicht zu ein
eigenes Urteil zu bilden bis sie selbst auf das Fremde stoßen. Nur so
kann ich mir erklären, warum beispielsweise im Osten Deutschlands trotz
wesentlich geringerem Ausländeranteil ein höherer Anteil an
rechts-orientierten Menschen lebt.
Manchmal gibt es aber auch Situationen, wo er sich aufgrund seiner Hautfarbe, seiner Herkunft schlechter behandelt fühlt und ich es, nach den Erzählungen oder weil ich dabei war nicht so aufgenommen habe. Situationen, in denen ich nicht weiß, ob betroffene Personen schnell aus Gewohnheit empfindlich reagieren oder meine Blindheit, weil ich selbst nicht betroffen bin, mir im Weg steht.
Manchmal gibt es aber auch Situationen, wo er sich aufgrund seiner Hautfarbe, seiner Herkunft schlechter behandelt fühlt und ich es, nach den Erzählungen oder weil ich dabei war nicht so aufgenommen habe. Situationen, in denen ich nicht weiß, ob betroffene Personen schnell aus Gewohnheit empfindlich reagieren oder meine Blindheit, weil ich selbst nicht betroffen bin, mir im Weg steht.
Und
dann ist da noch unser Sohn, unser kleiner König, der optisch eher dem
Papa zuzuordnen ist. Bei dem kleinen König sieht es bisher "harmloser"
aus. Durchaus sind die Kommentare zu ihm immer recht "positiv" oder ...ich sage mal lieber zumindest positiv gemeint. So ist er meist nur "so niedlich mit der dunklen Haut und den
Löckchen.", dieses "Schokobaby". Manchmal streicheln sie ihm auch
ungefragt durch die Haare, auch wenn die sich nicht sonderlich von rein
europäischen Lockenköpfen unterscheiden. Kann man ja mal machen, so wie
ich auch dem Herren an der nächsten Supermarktkasse mal schnell den Bart
kraule, bevor ich bezahle - nur um mal zu wissen, wie sich so ein
Vollbart anfühlt. Die Reaktion von Katarina von Blogprinzessin
auf solche Situationen, mit denen sich ja nicht nur Mütter und Väter
aus binationalen Partnerschaften konfrontiert fühlen - der Wahnsinn.
Manchmal möchte ich mir eine Scheibe ihres Muts abschneiden.
Und
dann gibt es Situationen, in denen ich etwas sprachlos und peinlich
berührt bin. Wie neulich, als mich zwei ältere Damen, die mit ihrem
Rollator an uns vorbeizogen, fragten, ob der Kleine denn Deutsch
sprechen würde, weil er doch so dunkel sei. Aber es sind ja niedliche
ältere Herrschaften, also versuche ich nett zu lächeln, das Ganze
lockerer zu sehen und suche nach einer passenden Antwort. Manchmal
können Kinder es aber auch nicht glauben, dass ich die Mama bin. Ich bin
ja schließlich hell und er dunkel und sind sichtlich irritiert, wenn
ich es dann nochmal bestätige. Aber es war halt ein Kind. Und dann war
da noch der Vorfall im Wartezimmer der Kinderärztin, wo u.A. auch ein
dunkelhäutiger Mann mit seiner Tochter saß und eine Zeitung laß. Und
dann war da dieses Kind mit heller Haut, definitiv schon im Schulalter,
mit seiner Mama und fragte seine Mama laut, warum der Afrikaner denn
eine Zeitung in der Hand halten würde - er könne doch gar nicht lesen.
Eine peinliche Stille, bis der Mann reagierte und meinte "Na klar, kann
ich lesen. Ich bin sogar Ingenieur." Die Mama war ebenfalls entsetzt
über die Äußerungen des Kindes und ich will ihr keinen Vorwurf machen.
Sie tat mir in dem Moment richtig leid, wie sie alle ansahen und sie
dabei ihren Sohn fragte, wieso er so etwas sagen würde. Aber ich frage
mich, wie dieses Kind zu solchen Äußerungen kommt. Von Mitschülern
vermutlich. Aber woher kommen diese zu solchen dummen Aussagen.
Es
sind Momente, in denen ich innerlich den Kopf schüttele. Es sind
Momente, die mich aber bisher - bis vielleicht auf die Situation im
Wartezimmer, in der wir aber nicht direkt involviert waren - nicht sehr
entsetzen, im Gegensatz zu Geschichten aus dem Alltag des Königpapas. Es
sind aber vielleicht Dinge, die - sofern sie häufiger vorkommen und
Gewohnheit werden - meinen Sohn im Alter stören werden. Vermutlich auch
mich irgendwann. Weil er reduziert wird. Auf eine Farbe.
Vielleicht
wird mein Sohn irgendwann auf den Königspapa und mich zukommen und wie
Samy Deluxe's Sohn sagen, dass er gerne weiß sein würde - nur dass wir
dann aufgrund unserer vielleicht nicht ganz so kreativen Ader nicht
gleich einen Song für ihn dichten können.
Vielleicht
ist es aber ja gar nicht so, wenn wir uns alle einfach mal ein wenig
anstrengen würden. Wenn wir alle mal langsam akzeptieren würden, dass
die Welt bunt ist und wir doch gleich sind. Vielleicht gibt es dann ja
doch eine Welt, in denen ich unbekümmert mit meiner Familie von A nach B
reisen kann. Vielleicht gibt es dann ja doch eine Welt, in der ich mir
nicht solche Gedanken um die Zukunft meines Sohnes machen muss.
Vielleicht wird ja doch alles besser.
Liebe Grüße
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